Da sitzt dieser Startup-Gründer vor mir im Café, seinen Laptop aufgeklappt, die Augen leuchtend vor Begeisterung. „Siehst du das?“, tippt er wild auf sein Spreadsheet. „TikTok, Instagram, LinkedIn, YouTube, Podcast, Blog…“ Seine Liste scheint endlos. „Das wird der Hammer!“
Ich nippe an meinem inzwischen kalten Kaffee und denke an all die anderen übereifrigen Gründer, deren ambitionierte Social-Media-Imperien nach drei Monaten in sich zusammenfielen wie ein Kartenhaus.
Die Realität des Marketing-Wahnsinns
Erinnert ihr euch noch an die Zeit, als „Online-Marketing“ bedeutete, eine Website zu haben und ab und zu einen Newsletter zu verschicken? Diese Einfachheit ist Geschichte. Heute gleicht die Marketing-Welt eher einem überfüllten Festival: hier eine Podcast-Bühne, dort ein TikTok-Dance-Floor, in der Ecke die LinkedIn-Business-Lounge. Jeder schreit nach Aufmerksamkeit, und mittendrin stehen Unternehmer wie Fans bei ihrem ersten Konzert – leicht überfordert von all dem Lärm.
Aber genau da liegt der Haken.
Der große Irrtum
Wisst ihr, was der häufigste Fehler ist, den ich in meiner Beratung sehe? Unternehmen denken, sie müssten auf jedem Kanal präsent sein. Als wäre Marketing eine Art Pokemon-Spiel: Gotta catch ’em all!
Das ist, als würdest du auf einer Party versuchen, mit jedem gleichzeitig zu reden. Am Ende führst du kein einziges bedeutsames Gespräch.
Eine Geschichte aus der Praxis
Ein Beispiel: Ein kleiner Buchladen hier in der Stadt wollte unbedingt „digital“ werden. Also haben sie alles gleichzeitig gestartet: Instagram, TikTok, Facebook, Newsletter, Blog, YouTube – die volle Packung. Nach zwei Monaten waren sie völlig erschöpft, die Kanäle vernachlässigt und die Kunden verwirrt.
Heute? Sie konzentrieren sich auf Instagram und einen monatlichen Newsletter. Dort zeigen sie Behind-the-Scenes aus dem Laden, stellen ihre Lieblingsbücher vor und teilen echte Geschichten ihrer Kunden. Nicht spektakulär, aber authentisch. Und was soll ich sagen? Es funktioniert besser als je zuvor.
Der Unterschied, den keiner sieht
Viele verwechseln Multichannel mit Omnichannel. Klingt ähnlich, ist aber so unterschiedlich wie Kaffee und Red Bull – beides macht wach, aber auf völlig verschiedene Art.
Multichannel ist wie ein Orchester, bei dem jedes Instrument sein eigenes Stück spielt. Kann gut klingen, muss aber nicht. Omnichannel dagegen ist wie eine perfekt eingespielte Band – jedes Instrument ergänzt das andere, und am Ende entsteht etwas Größeres.
Wie Starbucks, wo du deinen Kaffee in der App bestellst, die Punkte im Laden sammelst und alles in Echtzeit auf der Website siehst.
Was wirklich zählt
Neulich musste ich lachen. Da zeigte mir eine befreundete Yoga-Lehrerin Julia stolz ihr Handy: „Schau mal, nur Instagram und WhatsApp. Mehr brauche ich nicht.“ Andere Yogastudios in der Stadt posten wie wild auf fünf verschiedenen Plattformen. Julia nicht. Sie teilt morgens ein kurzes Video ihrer Sonnengrüße auf Instagram, chattet tagsüber mit ihrer WhatsApp-Community über Meditationstipps und postet abends Fotos von ihrer Spätsommer-Yoga-Session im Park. Einfach, authentisch, erfolgreich. Das hat mir wieder mal gezeigt: Marketing ist wie Yoga – weniger ist oft mehr, Hauptsache du machst es richtig. Dort teilt sie nicht nur Yoga-Übungen, sondern echte Gespräche, Erfolgsgeschichten ihrer Schüler und auch mal die Momente, wenn nicht alles perfekt läuft.
Der Weg zum Erfolg
Wenn du jetzt denkst „Okay, und wo fange ich an?“, hier mein Rat aus der Praxis:
- Fang klein an. Wähle ein oder zwei Kanäle, die zu dir und deiner Zielgruppe passen.
- Sei dort richtig gut. Lieber auf Instagram eine treue Community aufbauen als auf fünf Plattformen Mittelmaß sein.
- Hab einen Plan, aber bleib flexibel. Marketing ist wie das Wetter in Hamburg – es kann sich schnell ändern.
Aus Fehlern lernen
Ich gebe zu: Auch ich bin früher in die „Überall-dabei“-Falle getappt. Ich wollte jeden Trend mitmachen, auf jeder Plattform präsent sein. Das Ergebnis? Mittelmäßiger Content und viel Frust.
Heute rate ich meinen Kunden: Konzentriert euch auf das, was ihr wirklich gut könnt. Erzählt eure Geschichte dort, wo eure Zielgruppe sie hören will. Und vor allem: Bleibt echt.
Der entscheidende Unterschied
Erfolgreiche Multichannel-Strategien sind wie gute Beziehungen: Sie brauchen Zeit, Aufmerksamkeit und echtes Engagement. Under Armour macht das grandios: Sie verbinden ihre Läden mit ihrer Fitness-App und ihrer Community. Jeder Kanal erzählt einen Teil der Geschichte, aber alle zusammen ergeben ein großes Ganzes.
Was jetzt?
Nimm dir einen Moment Zeit und frag dich: Wo sind deine Kunden wirklich? Nicht, wo du denkst, dass sie sein sollten, sondern wo sie tatsächlich ihre Zeit verbringen? Start dort.
Und denk dran: Marketing ist kein Sprint, bei dem es darum geht, als Erster überall zu sein. Es ist eher wie ein gutes Gespräch – es braucht Zeit, Authentizität und echtes Interesse am Gegenüber.
Also, wo willst du dein nächstes Gespräch beginnen?