Kennen Sie das frustrierende Gefühl?
Sie haben viel investiert: Eine moderne Website ist online, Google Ads laufen und Ihre Texte wurden sorgfältig für die Suchmaschinen optimiert. Doch dann: Stille. Keine Anrufe. Kaum Besucher auf der Website. Der erhoffte Auftragszuwachs bleibt aus.
„Woran liegt das nur?“, fragen Sie sich. „Die Konkurrenz hat keine besseren Leistungen, aber trotzdem mehr Kunden online.“
In meinen 15 Jahren Beratung für Mittelständler habe ich immer wieder denselben Fehler beobachtet: Unternehmen kommunizieren nicht in der Sprache ihrer Kunden. Sie verwenden Fachbegriffe, interne Bezeichnungen oder Marketing-Schönsprache – aber nicht die Worte, die ihre Kunden bei Google eingeben.
Ein Beispiel aus der Praxis: Die Kita-Frage
Ein mittelständisches Bildungszentrum für Kinder kam vor einiger Zeit mit einem typischen Problem zu mir: Die Website war professionell gestaltet, aber die Besucherzahlen blieben niedrig.
Bei der Analyse fiel mir sofort auf: Das Wort „Kita“ tauchte nirgends auf der Website auf. Als ich den Inhaber darauf ansprach, reagierte er fast empört: „Wir sind keine gewöhnliche Kita! Wir bieten ein durchdachtes pädagogisches Konzept und frühkindliche Bildung auf hohem Niveau.“
Seine Argumentation war nachvollziehbar. Doch ein Blick in die Suchdaten zeigte: Pro Monat suchen in seiner Region über 1.200 Eltern nach „Kita“ und nur 30 nach „frühkindliches Bildungszentrum“.
Nach sachlicher Diskussion willigte er ein, den Begriff „Kita“ strategisch auf seiner Website zu platzieren – nicht als Hauptbegriff, sondern ergänzend zu seiner Qualitätsbotschaft. Der Erfolg war messbar: Innerhalb von vier Wochen verdreifachten sich die Anfragen.
Was lernen wir daraus? Es geht nicht darum, seine Werte oder sein Angebot zu verwässern. Es geht darum, im richtigen Moment die Brücke zum Kunden zu schlagen.
Warum wir nicht die Sprache unserer Kunden sprechen
Es gibt mehrere Gründe, warum dieser „Sprach-Disconnect“ so häufig auftritt:
1. Interner Fachjargon und Gewohnheit
In jedem Unternehmen und jeder Branche entwickeln sich mit der Zeit spezialisierte Begriffe, Akronyme und Abkürzungen. Diese interne Fachsprache wird zur Gewohnheit und fließt unbewusst in die externe Kommunikation ein – oft ohne zu bemerken, dass sie für Außenstehende unklar oder sogar bedeutungslos ist.
Beispiel: Ein Steuerberater spricht von „Einnahmen-Überschuss-Rechnung“, während Kleinunternehmer nach „einfacher Buchführung“ suchen.
2. Aspirationales Branding
Unternehmer möchten, dass ihre Marke ein bestimmtes Image ausstrahlt – hochwertig, kompetent, qualitativ überlegen oder anders als der Wettbewerb. Dies führt dazu, dass sie Begriffe wählen, die beeindruckend klingen oder zur gewünschten Markenidentität passen, anstatt die Alltagssprache ihrer Kunden zu verwenden.
Beispiel: Ein Handwerker nennt sich „Raumgestaltungs-Spezialist“, während Kunden nach „Maler“ oder „Tapezierer“ suchen.
3. Betriebsblindheit: Wenn Experten vergessen, wie Laien denken
Kennen Sie das? Sie erklären einem Kunden etwas, was für Sie völlig logisch ist, und ernten nur fragende Blicke. In der Psychologie nennt man dieses Phänomen den „Fluch des Wissens“.
Es passiert uns allen: Je länger wir in einer Branche arbeiten, desto schwerer fällt es uns, die Welt durch die Augen eines Neulings zu sehen. Der Elektriker vergisst, dass „Leitungsschutzschalter“ für viele einfach „Sicherung“ ist. Der IT-Berater spricht von „Cloud-Migration“, während der Kunde nur wissen will, wie er seine Daten sicher speichern kann.
Mein Kunde mit der Kinderbildungseinrichtung ist ein perfektes Beispiel. Er war so tief in der Pädagogik verwurzelt, dass er nicht mehr sehen konnte, wie Eltern auf der Suche nach Betreuung tatsächlich denken und suchen.
Branchenübergreifende Beispiele für die Sprachkluft
Diese Diskrepanz zwischen Unternehmenssprache und Kundensprache beschränkt sich nicht auf Kinderbetreuungseinrichtungen. Sie zieht sich durch praktisch alle Branchen:
Marketing & Kreativ-Dienstleistungen
Fachbegriff: „Copywriting“
Kundensuche: „Texter für Website“, „Hilfe bei Marketingtexten“, „Produktbeschreibungen schreiben lassen“
Handwerk & persönliche Dienstleistungen
Fachbegriff: „Haarschere“
Kundensuche: „Schere“
Fachbegriff: „Defekte Radlager und Spurstangen“
Kundensuche: „Klapperndes Geräusch im Auto“
Technologie & Software
Fachbegriff: „SaaS-Plattform“, „API-Integration“, „Cloud-Lösungen“
Kundensuche: „einfache Online-Buchhaltung“, „Verkaufstool mit E-Mail verbinden“, „sichere Online-Datenspeicherung“
Finanzen & Gesundheitswesen
Fachbegriff: „Liquidität“, „Fiduziäre Pflicht“
Kundensuche: „Vertrauenswürdiger Finanzberater“, „Bester Altersvorsorgeplan“
Der Unterschied liegt nicht immer nur im Austausch einzelner Wörter. Oft geht es um einen grundlegenden Unterschied in der Perspektive:
- Unternehmen kommunizieren häufig mit feature-basierter, prozessorientierter oder technischer Sprache
- Kunden suchen mit einer Sprache, die auf ihr unmittelbares Problem, das gewünschte Ergebnis oder eine vereinfachte Beschreibung des benötigten Produkts oder der Dienstleistung fokussiert ist
Praxistipps: So entdecken Sie die Sprache Ihrer Kunden
Wie können Sie nun herausfinden, welche Begriffe Ihre Kunden tatsächlich verwenden? Hier kommen einige praxisnahe Methoden, die ich in meiner Beratungsarbeit immer wieder empfehle:
Hören statt Reden
Besonders wertvoll sind Gespräche mit Neukunden. Fragen Sie ganz direkt: „Wie haben Sie nach unserem Angebot gesucht?“, oder „Was haben Sie bei Google eingegeben, bevor Sie uns gefunden haben?“ Die Antworten sind oft überraschend und Gold wert.
Ein Kunde von mir, ein Anbieter von Baufinanzierungen, war verblüfft, als er erfuhr, dass viele seiner Kunden nicht nach „Immobilienfinanzierung“ suchten, sondern nach „Eigenheimkredit“ oder sogar „Hauskauf ohne Eigenkapital“.
Ihr Team weiß mehr, als Sie denken
Ihre Mitarbeiter im Kundenkontakt hören täglich, wie echte Kunden ihre Probleme beschreiben. Fragen Sie Ihr Verkaufs- und Serviceteam regelmäßig: „Welche Worte verwenden unsere Kunden, wenn sie unser Angebot beschreiben?“
Google verrät die Kundensprache
Sie müssen kein SEO-Experte sein, um zu erkennen, wonach Ihre Kunden suchen:
- Tippen Sie den Anfang einer Frage in Google ein und sehen Sie, was die Autovervollständigung vorschlägt
- Schauen Sie ganz unten auf der Suchergebnisseite bei „Ähnliche Suchanfragen“
- Nutzen Sie einfache Tools wie AnswerThePublic.com, das Ihnen zeigt, welche Fragen Menschen zu Ihrem Thema stellen
Kundenbegriffe nutzen heißt nicht „sich unter Wert verkaufen“
„Aber wir sind doch mehr als nur eine Kita!“ Mit diesem Satz wehrte sich mein Kunde zunächst gegen die Verwendung des Begriffs. Seine Sorge war verständlich – wer will schon sein Qualitätsangebot mit einem „einfachen“ Begriff beschreiben?
Doch genau hier liegt ein grundlegendes Missverständnis: Die Verwendung von Kundenbegriffen bedeutet nicht, dass Sie Ihr Angebot verwässern. Es bedeutet nur, dass Sie die Tür öffnen, damit Kunden überhaupt bei Ihnen anklopfen können.
Mein Kunde hat seinen pädagogischen Ansatz nicht geändert oder abgeschwächt. Er hat lediglich dafür gesorgt, dass Eltern ihn finden können, wenn sie – wie die meisten – nach einer „Kita“ suchen. Erst wenn sie auf seiner Website landeten, konnte er ihnen zeigen, was seine Einrichtung besonders macht.
Das Ergebnis? Eine Verdreifachung der Anfragen – und damit dreimal mehr Gelegenheiten, Eltern von seinem besonderen Konzept zu überzeugen.
In unserem nächsten Artikel untersuchen wir, welche konkreten Kosten falsche Keywords für Ihr Unternehmen verursachen können und wie Sie diese vermeiden.