Von null auf hundert: Wie Kunden wirklich kaufen – die 5 Stufen des Kundenbewusstseins

Vor ein paar Monaten in meiner Lieblingsbäckerei. Die Besitzerin, Anna, lehnt verzweifelt am Tresen: „Ich versteh’s nicht. Wir haben die besten Bio-Brote der Stadt, aber die Leute rennen trotzdem zum Discounter!“

Diese Situation hat mich zum Nachdenken gebracht. Nicht über Brot – sondern darüber, wie Menschen eigentlich zu Käufern werden. Denn Annas Problem ist typisch: Sie denkt, gute Produkte verkaufen sich von selbst.

Der lange Weg zur Kaufentscheidung

Stellt dir vor, du gehst durch die Stadt und siehst einen Fotografen, der atemberaubende Bilder schießt. Dein erster Gedanke ist garantiert nicht „Wow, ich muss sofort die gleiche Kamera haben!“ Vermutlich registrierst du es nicht mal bewusst.

Erst wenn du selbst wieder mal deine alte Analogkamera herauskramst und feststellst, dass die Hälfte der Fotos verwackelt oder unterbelichtet sind, beginnt die Reise. Und genau hier wird’s spannend.

Von Null Auf Hundert Wie Kunden Wirklich Kaufen – Die 5 Stufen Des Kundenbewusstseins Visual Selection

Die fünf Stufen des Erwachens

Stufe 1: Blissful Ignorance

Erinnert du dich an die Zeit, als Analogfotografie noch das Nonplusultra war? Als wir stolz unsere Negative zur Entwicklung brachten und eine Woche auf die Bilder warteten? Das ist der Zustand der glücklichen Unwissenheit.

Mein Nachbar Thomas ist so ein Fall. Er schwört auf seine Nikon F3 von 1980. „Digitale Fotografie? Das ist doch keine echte Fotografie.“ Er ist der Inbegriff des „unaware“ Kunden – er weiß nicht mal, dass er ein Problem hat.

Stufe 2: der Aha-Moment

Dann passiert etwas. Bei Thomas war es ein Hochzeitsshooting, bei dem er nach 36 Aufnahmen verzweifelt feststellte, dass kein neuer Film mehr da war. Daneben stand ein Fotograf mit seiner Spiegellosen, der gerade seine tausendste Aufnahme des Tages machte. Autsch.

Das ist der Moment, in dem Kunden merken: Da läuft was nicht rund. Sie haben ein Problem, aber noch keine Ahnung von der Lösung.

Stufe 3: der Lösungssucher

Jetzt wird’s interessant. Thomas vertieft sich plötzlich in Fotoforen. Er liest alles über moderne Kamerasysteme. Er ist fasziniert von Dingen wie Autofokus, Bildstabilisierung und der Möglichkeit, direkt zu sehen, wie das Foto wird. Er ist wie ein Schwamm, der alles aufsaugt – aber noch völlig ergebnisoffen.

Das ist die Phase, in der Kunden wissen: Es gibt eine Lösung. Sie wissen nur noch nicht, welche die richtige ist.

Stufe 4: der Vergleicher

Thomas kennt jetzt die Unterschiede zwischen DSLR und spiegellosen Systemen auswendig. Er weiß, welche Kamera den besten Autofokus hat, welche bei schlechtem Licht brilliert. Er ist „product aware“ – kennt die Lösungen, ist aber noch unentschlossen.

Stufe 5: der Fast-Käufer

Letzte Woche hab ich Thomas mit einer Produktbroschüre für die neue Sony Alpha erwischt. „Ich warte noch auf den richtigen Moment“, sagt er. „Vielleicht zum Black Friday?“

Das ist die letzte Stufe: Er weiß genau, was er will. Er braucht nur noch den finalen Kick.

Was bedeutet das für Anna und ihre Brote?

Zurück zu meiner Bäckerin Anna. Ihr Problem? Sie spricht nur zu den „Most Aware“ Kunden – denen, die schon wissen, dass sie Bio-Brot wollen.

Aber was ist mit:

  • Den Leuten, die sich über ihre schlechte Ernährung noch gar keine Gedanken machen?
  • Denen, die zwar wissen, dass Discounter-Brot nicht optimal ist, aber keine Alternativen kennen?
  • Den Vergleichenden, die zwischen verschiedenen Bio-Bäckern schwanken?

Die praktische Umsetzung

Hier ist, was Anna jetzt macht:

  • Sie teilt auf Instagram Frühstücksfotos ihrer Kunden (Unaware → „Oh, das sieht aber lecker aus“)
  • Sie erklärt den Unterschied zwischen industrieller und handwerklicher Herstellung (Problem Aware)
  • Sie lädt zu Backstube-Besichtigungen ein (Solution Aware)
  • Sie bietet Verkostungen an (Product Aware)
  • Sie hat ein Stammkunden-Bonus-Programm eingeführt (Most Aware)

Der entscheidende Unterschied

Das Geniale an diesem Ansatz? Er respektiert, dass Menschen Zeit brauchen. Niemand wacht morgens auf und denkt „Hey, ich kauf’ heute mal ein völlig anderes Produkt als sonst!“

Es ist wie beim Dating: Erst mal kennenlernen, dann verlieben, dann binden. Klingt logisch, oder?

Was das für dich bedeutet

Egal ob du Brote backst, Versicherungen verkaufst oder Websites programmierst:

  1. Nicht jeder potenzielle Kunde ist bereit zu kaufen
  2. Nicht jeder, der sein Problem lösen könnte, weiß, dass er es hat
  3. Nicht jeder, der die Lösung kennt, ist von deinem Produkt überzeugt

Die Kunst ist, jeden dort abzuholen, wo er gerade steht. Und dafür brauchst du keinen Marketing-PhD – nur ein offenes Ohr und echtes Interesse an deinen Kunden.

Anna übrigens? Ihre Bäckerei brummt inzwischen. Nicht weil sie besseres Brot bäckt, sondern weil sie verstanden hat, wie Menschen zu Kunden werden.


Häufige Fragen zur Customer Awareness

Muss ich wirklich für jede Awareness-Stufe eigene Inhalte erstellen?

Das ist wie beim Kochen für eine große Familie: Theoretisch könntest du allen das Gleiche servieren. Aber während dein Teenager-Sohn scharf gewürzte Gerichte liebt, würde deine zweijährige Tochter das nie essen. Genauso ist es mit Content: Jemand, der noch nicht mal weiß, dass er ein Problem hat, braucht andere Informationen als jemand, der kurz vor der Kaufentscheidung steht.

Wie erkenne ich, in welcher Phase meine Kunden sind?

Hör ihnen zu! Die Fragen deiner Kunden verraten dir alles. „Was genau macht ihr eigentlich?“ – Unaware/Problem Aware. „Wie unterscheidet ihr euch von Anbieter XY?“ – Solution/Product Aware. „Gibt’s da gerade eine Aktion?“ – Most Aware. Thomas zum Beispiel ging von „Digitalkameras sind Spielzeug“ zu „Welche spiegellose Kamera hat den besten Autofokus?“ Das sagt alles über seine Customer Journey.

Wie lange dauert es, bis Kunden durch alle Phasen sind?

Das ist wie mit unserer Analogkamera-Geschichte: Manche Menschen schwören bis heute auf Film, andere sind sofort auf digital umgestiegen. Es gibt keine festgelegte Zeit. Ein B2B-Softwarekauf kann Monate dauern, der Kauf eines Brötchens Sekunden. Das Wichtige ist, den Prozess nicht zu überstürzen. Vertrau mir: Nichts ist frustrierender, als jemandem ein Produkt aufzuschwatzen, der noch gar nicht bereit dafür ist.

Das ist wie damals bei Anna aus unserer Bäckerei: Sobald sie aufhörte, allen sofort Bio-Brot verkaufen zu wollen, und stattdessen anfing, die Menschen dort abzuholen, wo sie stehen, lief das Geschäft wie geschmiert.

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